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Qualitätsrahmen Unterricht - Lernen bei Blindheit und Sehbehinderung
Stand: 2023-11-06
Im Folgenden finden Sie den Qualitätsrahmen Unterricht in verschiedenen Versionen:
Leitgedanken
Übergeordnete Zielsetzung ist es, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot auf der Basis ihrer Lernausgangslagen durch eine individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung zu ermöglichen, ihre Aktivitätspotenziale zu entfalten und ihre Teilhabe zu erweitern.
Zur Realisierung dieser Zielsetzung dienen im Rahmen von Unterricht die im Folgenden aufgeführten Qualitätsbereiche. Sie bilden am SAF Freiburg, Abt. Sonderpädagogik den Referenzrahmen für die Planung, Durchführung, Reflexion und Bewertung von Lehr-Lernsituationen. Bezugspunkte hierfür sind die IBBW-Publikationsreihe „Wirksamer Unterricht“, der „Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen“ des IBBW sowie „Fokus Unterrichtsbewertung“ des KM.
Qualitätsbereiche für Lehr-Lernsituationen
QB1 Beziehungsgestaltung
QB2 Kognitive Aktivierung
QB3 Konstruktive Unterstützung
QB4 Strukturierte Klassenführung
QB5 Förderschwerpunktspezifische Qualitäten
Die tiefenstrukturellen Dimensionen „Kognitive Aktivierung“, „Konstruktive Unterstützung“ und „Strukturierte Klassenführung“ wurden aus sonderpädagogischer Perspektive konkretisiert und durch die „Beziehungsgestaltung“ sowie förderschwerpunktspezifische Aspekte vervollständigt. In ihrem Zusammenspiel und unter Berücksichtigung der Fachdidaktiken entfalten sie ihre Wirksamkeit.
Den fünf Qualitätsbereichen sind Qualitätskriterien, den Qualitätskriterien wiederum Indikatoren zur Konkretisierung zugeordnet. Die Qualitätskriterien und -indikatoren erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie können je nach Lerngruppe und Zielsetzung des Unterrichts in ihrer Relevanz variieren und unterschiedlich gewichtet werden.
QB 1 Beziehungsgestaltung
1.1 Die Lehrkraft begegnet den Schüler:innen empathisch, respektvoll und wertschätzend.
Indikatoren
Die Lehrkraft behandelt alle Schüler:innen freundlich.
Die Lehrkraft zeigt echtes Interesse für die Perspektiven und Meinungen der Schüler:innen.
Die Lehrkraft nimmt die Gefühle und Probleme der Schüler:innen ernst.
Die Lehrkraft zeigt angemessen Mitgefühl.
1.2 Die Lehrkraft zeigt Herzlichkeit und Wärme.
Indikatoren
Die Lehrkraft teilt die Freude von Schüler:innen.
Die Lehrkraft spendet Trost, der von den Schüler:innen angenommen werden kann.
Die Lehrkraft vermittelt den Schüler:innen über (non-) verbale Ausdrucksformen das Gefühl des Angenommenseins.
1.3 Die Lehrkraft wahrt eine Balance zwischen Nähe und Distanz.
Indikatoren
Die Lehrkraft achtet die Grenzen der Schüler:innen.
Die Lehrkraft setzt (situations- und alters-)angemessen Grenzen in Bezug auf Körperkontakt und Kommunikation.
Die Lehrkraft lässt eine angemessene Form von Nähe zu.
Die Lehrkraft macht angemessene Angebote, die Nähe ermöglichen.
1.4 Die Lehrkraft achtet auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen.
Indikatoren
Die Lehrkraft sichert beständige Beziehungen.
Die Lehrkraft bietet den Schüler:innen (wenn nötig) einen Rückzugsraum.
Die Lehrkraft achtet den Pausen-, Ruhe- und Schlafbedarf der Schüler:innen.
Die Lehrkraft bietet den Schüler:innen Sicherheit und Verlässlichkeit.
Die Lehrkraft ermöglicht es den Schüler:innen, im Bedarfsfall zu essen und zu trinken.
Die Lehrkraft bietet den Schüler:innen die Möglichkeit zum Toilettengang.
Die Lehrkraft sichert erforderliche Angebote zur Pflege.
Die Lehrkraft nimmt Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Schüler:innen.
Theoriebezüge: Maslow, Traumapädagogik
1.5 Die Lehrkraft hält die Beziehung zu den Schüler:innen auch in herausfordernden Situationen
aufrecht.
Indikatoren
Die Lehrkraft bleibt auch in herausfordernden Situationen wertschätzend.
Die Lehrkraft achtet darauf, die Schüler:innen nicht zu beschämen.
Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen bewusst, ihre gemachten Erfahrungen durch relativierende, korrigierende oder verändernde Gegenerfahrungen zu ergänzen oder zu kontrastieren.
Die Lehrkraft zeigt Verständnis.
Die Lehrkraft zieht sich im Sinne einer Deeskalation situativ zurück.
Theoriebezüge: Beziehungspädagogik
1.6 Die Lehrkraft ermöglicht ein positives Klassenklima.
Indikatoren
Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen ein gelingendes Miteinander.
Die Schüler:innen hören einander zu und lassen sich gegenseitig ausreden.
Die Lehrkraft und Schüler:innen gehen geduldig miteinander um.
Die Schüler:innen helfen und unterstützen sich gegenseitig.
Die Schüler:innen stellen einander bei Fehlern nicht bloß.
Das Klassenklima ist durch Zusammenhalt geprägt.
Die Schüler:innen sprechen in einem respektvollen und höflichen Ton mit der Lehrkraft.
Die Schüler:innen hören der Lehrkraft zu und lassen sie ausreden.
1.7 Die Lehrkraft arbeitet dialogisch und kooperativ mit den am Unterricht beteiligten Personen
zusammen.
Indikatoren
Die Lehrkraft arbeitet wertschätzend mit den am Unterricht beteiligten Personen zusammen.
Die am Unterricht beteiligten Personen agieren in ihrem gemeinsam abgestimmten Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich rollenadäquat.
Die am Unterricht beteiligten Personen stimmen situativ Aufgaben ab.
Verweise: Qualitätsrahmen: Kooperative Prozesse subsidiär gestalten
QB 2 Kognitive Aktivierung
2.1. Die Lehrkraft berücksichtigt die individuellen Lernausgangslagen der Schüler:innen.
Indikatoren
Die Lehrkraft berücksichtigt behinderungsspezifische Voraussetzungen der Schüler:innen, z.B. kognitive, sprachliche, motorische, sozial-emotionale …
Die Lehrkraft knüpft an die Lebenswelt der Schüler:innen an.
Die Lehrkraft bezieht die Interessen der Schüler:innen mit ein.
Die Lehrkraft schafft gemeinsame Erfahrungs- und Aneignungsräume.
Die Schüler:innen bringen Vorwissen, Vorerfahrungen und Vorstellungen zu einem Thema ein.
2.2. Die Lehrkraft fokussiert den Unterricht unter Berücksichtigung fachwissenschaftlicher und
fachdidaktischer Aspekte auf die zentralen Inhalte und Ziele.
Indikatoren
Die Lehrkraft arbeitet die zentralen Aspekte eines Themas heraus und setzt diese in eine sachlogische Reihenfolge.
Die Lehrkraft gestaltet Bildungsangebote auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse bezüglich deren Wirksamkeit.
Die Lehrkraft sorgt für einen zielgerichteten Einsatz von Methoden, Sozialformen und (digitalen) Medien.
Die Lehrkraft adaptiert Inhalte situativ flexibel.
Die Lehrkraft gestaltet die Lernzeit effektiv und effizient.
Die Lehrkraft achtet auf eine schüler:innenorientierte und inhaltsbezogene Abfolge, Länge und Gestaltung der Unterrichtsphasen.
Die Lehrkraft sorgt für Transparenz im Hinblick auf die Begründung des Lerngegenstands, die Ziele, die Inhalte und den Ablauf.
2.3. Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den zentralen
Inhalten.
Indikatoren
Die Lehrkraft wählt Inhalte, Aufgabenformate, Medien und Methoden, die die Schüler:innen zum Nachdenken anregen.
Die Lehrkraft stellt Fragen so, dass diese zu einer vertieften Auseinandersetzung anregen.
Die Schüler:innen erläutern eigene Lösungswege.
Die Schüler:innen erklären, beschreiben, begründen ihre Antworten.
Die Schüler:innen erläutern, wie etwas Neues mit dem Bekannten zusammenhängt.
Die Schüler:innen wenden bisher Gelerntes in neuen Zusammenhängen an.
Die Lehrkraft bietet passende Aneignungsmöglichkeiten an.
2.4. Die Lehrkraft sichert wesentliche (Teil-)Ergebnisse, die für das Weiterlernen hilfreich sind.
Indikatoren
Schüler:innen fassen (Teil-) Ergebnisse mit Blick auf das Lernziel zusammen.
Die Lehrkraft nutzt geeignete Medien, um (Teil-) Ergebnisse festzuhalten.
Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen das Wiederholen, Üben und Festigen von Lerninhalten.
2.5. Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen, sich engagiert am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen.
Indikatoren
Die Lehrkraft weckt bei den Schüler:innen Interesse, Motivation und Freude am Unterricht.
Die Schüler:innen beteiligen sich aufmerksam und aktiv am Unterricht.
Die Schüler:innen stellen Fragen, wenn ihnen etwas unklar ist.
QB 3 Konstruktive Unterstützung
3.1 Die Lehrkraft unterstützt die Schüler:innen individuell in ihrem Lernprozess.
Indikatoren
Die Lehrkraft beobachtet die Schüler:innen gezielt in ihrem Lernprozess.
Die Lehrkraft individualisiert und differenziert (z.B. bzgl. der Aneignungsmöglichkeiten, des Schwierigkeitsgrades, der Methoden, der Hilfsmittel …) entsprechend der individuellen Lernausgangslagen und Ziele der Schüler:innen.
Die Lehrkraft nimmt sich gezielt Zeit für einzelne Schüler:innen.
Die Lehrkraft adaptiert ihren Unterricht situativ.
3.2 Die Lehrkraft verwendet eine professionelle Lehrer:innensprache.
Indikatoren
Die Lehrkraft passt ihre Äußerungskomplexität an die Lernausgangslagen der Schüler:innen an, v.a. hinsichtlich des Wortschatzes und der Grammatik.
Die Lehrkraft drückt sich sprachlich deutlich und korrekt aus.
Die Lehrkraft variiert die Lehrer:innensprache situativ angemessen.
Die Lehrkraft setzt Visualisierung unterstützend ein, z.B. durch Gegenstände, Bilder, Schrift, lautsprachunterstützende Gebärden.
Die Lehrkraft setzt handlungsbegleitendes Sprechen ein.
Die Lehrkraft hält Blickkontakt und stellt damit einen persönlichen Bezug zu den Schüler:innen her, sichert deren Aufmerksamkeit, signalisiert aktives Zuhören.
Die Lehrkraft setzt Mimik und Gestik unterstützend ein.
3.3 Die Lehrkraft unterstützt das Sprach- und Textverständnis der Schüler:innen.
Indikatoren
Die Lehrkraft nutzt Formen der Visualisierung, z.B. durch Gegenstände, Bilder, Piktogramme, Schrift.
Die Lehrkraft wiederholt und modelliert Schüler:innenäußerungen gezielt, z.B. durch korrektives Feedback.
Die Lehrkraft stellt gezielt Nachfragen.
Die Lehrkraft übt gezieltes Nachfragen mit den Schüler:innen ein und verstärkt dieses positiv.
Die Lehrkraft strukturiert ihre sprachlichen Äußerungen klar, z.B. gliedert sie Arbeitsaufträge in Teilschritte, setzt bei Lehrer:innenvorträgen gezielt Pausen ein.
Die Lehrkraft wendet Lese-Leicht-Kriterien zur Vereinfachung von Lesetexten an.
3.4 Die Lehrkraft gibt den Schüler:innen Feedback, das zum Weiterlernen hilfreich ist.
Indikatoren
Die Lehrkraft macht frühzeitig transparent, zu welchen Aspekten im weiteren Verlauf ein Feedback gegeben werden soll.
Die Lehrkraft informiert Lernende kontinuierlich während des Lernprozesses über ihren aktuellen Lernstand sowie ihre individuelle Lernentwicklung.
Die Rückmeldungen der Lehrkraft helfen den Schüler:innen, ihre Fehler zu erkennen und ihr weiteres Vorgehen zu verbessern.
Die Lehrkraft weist die Schüler:innen angemessen auf Lernerfolge wie auch auf Verständnisschwierigkeiten oder Wissenslücken hin.
Die Lehrkraft vermittelt Strategien, die die Schüler:innen bei der Bearbeitung künftiger Aufgaben einsetzen können.
3.5 Die Lehrkraft bietet Möglichkeiten zur Reflexion.
Indikatoren
Die Lehrkraft macht frühzeitig Kriterien für die spätere Reflexion transparent.
Die Lehrkraft bietet Schüler:innen die Möglichkeit, kriteriengeleitet zu reflektieren.
Die Lehrkraft ermöglicht den Schüler:innen, die Reflexionsergebnisse für ihr weiteres Lernen zu nutzen.
QB 4 Strukturierte Klassenführung
4.1 Die Lehrkraft hat einen guten Überblick über das Geschehen im Unterricht.
Indikatoren
Die Lehrkraft hat alle Schüler:innen im Blick.
Die Lehrkraft zeigt Präsenz, z.B. durch Blicke, Gesten, Positionierung im Klassenraum.
4.2 Die Lehrkraft gestaltet ihre Rolle situationsangemessen und eindeutig aus.
Indikatoren
Die Lehrkraft agiert als verantwortlich unterrichtsleitende Person.
Die Lehrkraft trifft bei Bedarf notwendige Entscheidungen in erzieherischer und didaktischer Hinsicht.
Die Lehrkraft schafft Unterrichtsphasen, in denen sie sich bewusst zurücknimmt.
Die Lehrkraft schafft für die Schüler:innen Formen der Beteiligung.
4.3 Die Lehrkraft sorgt für eine vorbereitete Lernumgebung.
Indikatoren
Die Lehrkraft schafft eine reizarme Lernumgebung.
Die Lehrkraft achtet auf sinnvolle Positionierungen der Schüler:innen, z.B. über die Sitzordnung.
Die Lehrkraft gestaltet Wege im Klassenraum möglichst störungsarm.
Die Lehrkraft nutzt feste Plätze für Arbeitsmaterialien.
Die Lehrkraft schafft für die gewählten Sozialformen ausreichend Platz.
Die Lehrkraft gestaltet Arbeitsplätze übersichtlich und lernförderlich.
Die Lehrkraft unterstützt die Schüler:innen, ihre Lernumgebung selbständig zu nutzen und zu gestalten.
Benötigtes Material und notwendige Hilfsmittel sind einsatzbereit.
4.4 Die Lehrkraft bezieht unterstützende Rituale mit ein.
Indikatoren
Die Schüler:innen kennen Abläufe im Unterricht.
Die Schüler:innen zeigen Sicherheit in ritualisierten Handlungsabläufen.
Die Schüler:innen bewältigen Anforderungen durch deren Ritualisierung selbstorganisiert.
4.5 Die Lehrkraft zeigt präventive und intervenierende Maßnahmen im Umgang mit
Unterrichtsstörungen und Konflikten.
Indikatoren
Die Lehrkraft verschafft sich Kenntnis von aktuellen Ereignissen und emotionalen Zuständen der Schüler:innen.
Die Lehrkraft reduziert das Störungs- und Konfliktpotential z.B. durch die Wahl der Sozialform, der Sitzordnung, der Methoden, den am Unterricht beteiligten Personen.
Die Lehrkraft reagiert frühzeitig auf sich entwickelnde Unterrichtsstörungen und Konflikte.
Die Lehrkraft nutzt Regeln und Rituale alters-, situationsangemessen und zielgerichtet.
Die Lehrkraft gestaltet individuelle Maßnahmen zur Verhaltensmodellierung auf Basis des Verstehenden Ansatzes.
Die Lehrkraft verfügt über ein vielfältiges Verhaltensrepertoire zur Reaktion auf Störungen.
Die Lehrkraft leitet nachvollziehbare und klare Konsequenzen ab.
Die Lehrkraft hält in herausfordernden Situationen eine wertschätzende Haltung gegenüber den Schüler:innen aufrecht.
4.6 Die Lehrkraft sorgt für einen zielgerichteten Einsatz der am Unterricht beteiligten Personen.
Indikatoren
Die Lehrkraft sorgt dafür, dass die am Unterricht beteiligten Personen die Schüler:innen in Abhängigkeit von deren Lernvoraussetzungen und situativen Bedürfnissen unterstützen.
Die Lehrkraft setzt die am Unterricht beteiligten Personen zielorientiert ein.
Die Lehrkraft berücksichtigt beim Einsatz fachliche Qualitäten der am Unterricht beteiligten Personen.
Die Lehrkraft klärt mit den am Unterricht beteiligten Personen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten situativ.
Die Lehrkraft leitet die am Unterricht beteiligten Personen in Bezug auf deren Aufgaben an.
QB 5 Förderschwerpunktspezifische Qualitäten
5.1. Die Lehrkraft gestaltet die Lernumgebung unter förderschwerpunktspezifischen Gesichtspunkten.
Indikatoren
Die Lehrkraft leuchtet Klassenraum optimal und blendfrei aus
Die Lehrkraft reagiert frühzeitig auf Sehanstrengung und Sehermüdung ihrer Schüler:innen.
Die Lehrkraft gestaltet Arbeitsplätze übersichtlich und konstant angeordnet und berücksichtigt hierbei individuelle schüler:innenorientierte Erfordernisse (z. B. höhenverstellbare Tische, optimale Sitzposition, ergonomische und übersichtliche Anordnung von Arbeits- und Hilfsmitteln, individuelle Ordnungssysteme, rutschfeste Unterlagen; Materialschälchen für Lernmaterialien usw.).
Die Lehrkraft markiert und beschriftet die den Schüler:innen zugeordneten Bereiche klar (z. B. Garderobe, Stuhl, Ablagefächer).
Die Lehrkraft sichert die Beschriftung aller Räume und deren markanten Punkte in Schwarz- sowie in Brailleschrift und nutzt hierzu ggf. Piktogramme/geeignete Bildauswahl.
Die Lehrkraft gestaltet die Lernumgebung auch außerhalb des Klassenzimmers übersichtlich und lernförderlich.
Die Lehrkraft räumt Hindernisse aus dem Weg und schaltet Gefahrenquellen aus.
Die Lehrkraft setzt taktile Wegmarkierungen und markante Hinweise.
Die Lehrkraft unterstützt die Schüler:innen bei einer möglichst selbständigen Gestaltung und Nutzung ihrer Lernumgebung.
5.2. Die Lehrkraft setzt Medien entsprechend der individuellen Voraussetzungen der Schüler:innen ein.
Indikatoren
Die Lehrkraft setzt Medien einzelfallbezogen ein und berücksichtigt hierbei verschiedene Darstellungsebenen und Abstraktionsniveaus.
Die Lehrkraft bietet den individuellen Voraussetzungen entsprechend angemessene Medien an (z. B. Modelle, Reliefdarstellungen, Filme, Tonaufnahmen, …)
Die Lehrkraft stellt Lehr-, Lernmaterialien für blinde und (hochgradig) sehbehinderte Schüler:innen ggf. her (bspw. Typhlographien, Schwellkopien) und bringt diese einzelfallbezogen und reflektiert zum Einsatz.
5.3. Die Lehrkraft nutzt Hilfsmittel zur individuellen Förderung effektiv.
Indikatoren
Die Lehrkraft setzt optische, taktile und elektronische Hilfsmittel einzelfallbezogen ein.
Die Lehrkraft fordert die Nutzung von Hilfsmitteln konsequent ein.
Die Lehrkraft erprobt und reflektiert den Einsatz von Hilfsmitteln mit den Schüler:innen in den für sie lebensbedeutsamen Kontexten.
Die Lehrkraft intendiert die zunehmende Verantwortungsübernahme der Schüler:innen im Umgang mit ihren Hilfsmitteln.
Die Lehrkraft leitet bei technischen Problemen umgehend notwendige Maßnahmen ein.
Die Lehrkraft bereitet Daten und Dateien so auf, dass sie mit Hilfe blinden- und sehbehindertenspezifischer PC- Hard- und Software (bspw. Braillezeilen und Vergrößerungssoftware) genutzt werden können.
Die Lehrkraft überprüft die Wahl der Hilfsmittel kontinuierlich.
Die Lehrkraft übt die Nutzung der individuellen Hilfsmittel mit Schüler:innen ein.
5.4. Die Lehrkraft macht Angebote zur Wahrnehmungsförderung und Ausdifferenzierung von Seh- und Taststrategien.
Indikatoren
Die Lehrkraft bietet den Schüler:innen die Möglichkeit, ihre auditiven, haptischen und/oder visuellen Kompetenzen einzusetzen.
Die Lehrkraft nutzt lebensbedeutsame Kontexte, um die notwendigen motivationalen Voraussetzungen für Wahrnehmung und Wahrnehmungslernen zu schaffen.
Die Lehrkraft regt zu vielfältigen auditiven, haptischen und visuellen Erkundungstätigkeiten an.
Die Lehrkraft ermöglicht den Austausch der Schüler:innen untereinander über ihre gemachten Erfahrungen und Wahrnehmungsempfindungen.
Die Lehrkraft bietet Hilfen an, neue Wahrnehmungserfahrungen mit bereits bestehenden Konzepten zu verknüpfen bzw. diese zu erweitern und zu differenzieren.
Die Lehrkraft leitet sie in der individuellen Ausdifferenzierung von Seh- und Taststrategien an und schafft zahlreiche Übungsmöglichkeiten.
Die Lehrkraft leitet die Schüler:innen an beim systematischen Absuchen (z. B. einer Tabelle , eines Bildes (Scanning)), beim Nutzen von Hilfslinien, beim Verfolgen bewegter Objekte (Tracking) an
Die Lehrkraft nutzt konsequent taktil wahrnehmbare Markierungselemente zur Wahrnehmungsförderung.
Die Lehrkraft setzt verschiedene Oberflächenstrukturen zur Ordnung und Wiedererkennung im Klassenzimmer, auf dem Schreibtisch, in den Regalen ein.
Die Lehrkraft bietet vielfältige Möglichkeiten zum systematischen, gründlichen und schnellen Ertasten von Objekten im Nahbereich.
Die Lehrkraft bietet den Schüler:innen vielfältige Möglichkeiten der Orientierung auf Oberflächen durch ein flächiges Abtasten mit den Handflächen.
5.5. Lehrkraft verwendet eine professionelle Lehrer:innensprache. (Förderschwerpunktspezifische Ergänzungen)
Indikatoren
Die Lehrkraft setzt Sprache bewusst ein, verwendet bei Bedarf alternative Kommunikationsformen.
Die Lehrkraft nutzt Sprache gezielt für das Erschließen von Lerninhalten.
Die Lehrkraft verbalisiert Handlungen, Abläufe, mimische und gestische Anteile der Kommunikation.
Die Lehrkraft verbalisiert visuelle Unterrichtsereignisse als Sprachvorbild für die Kommunikation der Schüler:innen untereinander.
Die Lehrkraft achtet wo möglich auf Reduktion des eigenen Sprecher:innenanteils zur auditiven Entlastung.
5.6. Die Lehrkraft gestaltet kommunikationsfördernde Kontexte und bietet den Schüler:innen Möglichkeiten zum sozialen Lernen.
Indikatoren
Die Lehrkraft initiiert Turn-Wechsel zwischen den Schüler:innen (z. B. indem sie im Unterrichtsgespräch Schüler:innenbeiträge weitergibt).
Die Lehrkraft gibt ausreichend Zeit zum Nachdenken und Formulieren.
Die Lehrkraft regt Murmelgespräche an.
Die Lehrkraft bietet ihren Schüler:innen immer wieder die Möglichkeit, in dialogischen Austausch miteinander zu kommen (bspw. im Rahmen kooperativer Arbeitsformen).
Die Lehrkraft schafft eine wertschätzende kommunikative Umgebung (bspw. Wertschätzung von Redebeiträgen, positive Rückmeldung bei Kommunikationsversuchen).
5.7. Die Lehrkraft macht förderschwerpunktspezifische Angebote im Bereich Lesen und Schreiben.
Indikatoren
Die Lehrkraft adaptiert/gestaltet Material für den Schriftspracherwerb in Schwarz- und/oder Brailleschrift unter Berücksichtigung der individuellen Lernvoraussetzungen auf in Bezug auf Vergrößerung/Schriftart/ Zeilenabstände etc., Leseorgan (bspw. taktile Wahrnehmungs- und Differenzierungsfähigkeit, funktionales Sehen), Lesebewegungen (bspw. beidhändiges Lesen) und Lesegeschwindigkeit.
Die Lehrkraft ermöglicht individualisierten Schriftkontakt.
Die Lehrkraft ermöglicht individualisierte Lese- und Schreibhandlungen.
Die Lehrkraft macht individuelle Bildungsangebote zum Aufbau eines Schriftkonzepts unter Beachtung förderschwerpunktspezifische didaktische Besonderheiten (bspw. Erkennen präliteraler, logographemischer und erster alphabethischer Lesestrategien; Übungen zur phonematischen Bewusstheit mittels Anlautobjekten etc.).
Die Lehrkraft setzt geeignete Illustrationen/Piktogramme/taktile Bilder und adaptiert diese ggf. zur Unterstützung des Leseverständnisses.
Die Lehrkraft macht Bildungsangebote zur (Weiter-)Entwicklung des Lese- und Schreibwortschatzes unter Berücksichtigung der Begriffsbildung etc.
Die Lehrkraft setzt individuell geeignete Medien zum Schreiben und Lesen von Brailleschrift (bspw. Punktschriftmaschine, blinden- und sehbehindertenspezifischer PC- Hard- und Software) ein.
5.8. Die Lehrkraft macht Angebote im Bereich Orientierung und Mobilität (O+M).
Indikatoren
Die Lehrkraft integriert individuelle Bildungsangebote hinsichtlich Orientierung und Mobilität gezielt in den Unterricht/Schulalltag.
Die Lehrkraft gestaltet individuelle Bildungsangebote im Rahmen von alltagsnahen und lebensbedeutsamen Kontexten.
Die Lehrkraft gestaltet individuelle Bildungsangebote zur der Förderung der Wahrnehmung, der Begriffsbildung, der Orientierung (auch im Straßenverkehr), der Fortbewegung und des Hilfsmitteleinsatzes.
Die Lehrkraft gestaltet Bildungsangebote im Kontext Orientierung und Mobilität zur (Weiter-)Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen der Schüler:innen (bspw. Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen, Soziales Lernen).
5.9. Die Lehrkraft macht Angebote im Bereich Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF).
Indikatoren
Die Lehrkraft integriert individuelle Bildungsangebote hinsichtlich LPF gezielt in den Unterricht/Schulalltag.
Die Lehrkraft gestaltet individuelle Bildungsangebote in jeweils lebensbedeutsamen und alltagsnahen Kontexten an Kompetenzen, Vorerfahrungen, Interessen und Motivation der Schüler:innen.
Die Lehrkraft bezieht die folgenden didaktische Vermittlungsprinzipien (Vorüberlegungen, Komplexitätsreduktion der Aufgabem, Handlungsorientierung Strukturierung der Lernumgebung, Transfermöglichkeiten von Strategien und Techniken) mit ein.
Die Lehrkraft vermittelt den adäquaten Umgang mit Hilfsmitteln (ggf. deren Adaption).
Die Lehrkraft erarbeitet Handlungsabläufe zur Erprobung und Handhabung von Hilfsmitteln gemeinsam mit Schüler:innen.
Die Lehrkraft macht Bildungsangebote im Kontext von LPF stets im Hinblick auf Aktivität und Teilhabe (bspw. Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit, Soziales Lernen).
Die Lehrkraft zeigt ein hohes Maß an Geduld und Zeit sowie sensibler Zurückhaltung, um die Selbstinitiative sowie Selbsterfahrung der Schüler:innen zu ermöglichen. (bspw. Lerntempo, Wiederholungen, Variationen).
5.10. Die Lehrkraft macht Angebote zur Förderung der Begriffsbildung.
Indikatoren
Die Lehrkraft beachtet bei der Begriffsbildung Aspekte wie Altersgemäßheit, Eindeutigkeit und fachliche Korrektheit.
Die Lehrkraft verwendet einheitliche Begriffe, auf die sich die Schule verständigt hat (bspw. Benennung markanter Punkte).
Die Lehrkraft initiiert in Bezug auf die Begriffsbildung entdeckendes Lernen.
Die Lehrkraft vermittelt eine positive und motivierende emotionale Grundeinstellung gegenüber aktiver Umwelterkundung.
Die Lehrkraft ermöglicht Umweltexploration auf Grundlage individueller Kompetenzen der Schüler:innen (bspw. Lokomotion und Kontaktmöglichkeit mit Umwelt, Entwicklung und Nutzung von Grob- und Feinmotorik).
Die Lehrkraft initiiert vielfältige konkrete Sacherfahrungen im Zusammenhang mit integrierten verbalen Beschreibungen und Erklärungen (Realbegegnungen, visuelle Merkmale, Funktionen, Formmerkmale, haptische Charakteristika etc.).
Die Lehrkraft nutzt geeignete Veranschaulichungsmedien (bspw. passende /adaptierte Modelle, Reliefabbildungen etc.) und berücksichtigt das Prinzip der Exemplarität sowie der didaktischen Reduktion (Umgang mit kritischen Objektmerkmalen wie bspw. fragil, komplex, optisch).
Die Lehrkraft stellt eine konkrete Terminologie für Begriffe und deren Merkmale zur Verfügung (bspw. präzises Verbalisieren von Wahrnehmungsqualitäten).
Die Lehrkraft verbalisiert Tast- und Höreindrücke, Gerüche, Geschmackseindrücke etc.
Die Lehrkraft hebt kriteriale Merkmale eines Begriffes hervor (bspw. Erkundungen am Realobjekt, Analogiebildungen, Begriffsrepräsentanten anbieten, ggf. Lenkung von Exploration).
Die Lehrkraft berücksichtigt die Hierarchisierung mittels neben- unter- oder übergeordneter Begriffe (bspw. Aufgreifen von Vorwissen, Einordnung in Gesamtzusammenhänge).
5.11. Die Lehrkraft berücksichtigt Erkenntnisse zum Lernen bei Blindheit und Sehbehinderung im Kontext komplexer Beeinträchtigung.
Indikatoren
Die Lehrkraft transferiert förderschwerpunktspezifische Qualitätsindikatoren im Bereich Lernen bei Blindheit und Sehbehinderung (bspw. visuelle Wahrnehmungsförderung, visuelle Stimulation, Wahrnehmungsschulung, eigenaktives Lernen, LPF, O+M) auf individuelle Lernausgangslagen im Kontext komplexer Behinderung und macht passende Bildungsangebote.
Die Lehrkraft integriert spezifische basale Unterrichtskonzepte im Kontext komplexer Behinderung in den eigenen Unterricht (bspw. Basale Kommunikation, basale Stimulation, basale Aktvierung, sensumotorische Kooperation, aktives Lernen, Affolter-Modell, Sensorische Integration).
Die Lehrkraft nutzt individuelle Kommunikationskanäle (bspw. Unterstützte Kommunikation, taktile Gebärden/Bodysigns/Referenzobjekte)
Die Lehrkraft setzt u. a. spezifische Diagnostikverfahren (bspw. funktionale Diagnostik, preferential looking Tests, Zuordnungs- und Zeigetests etc.) zur Ableitung individueller Bildungsangebote ein.
Literatur
Brandstetter, R. & Burghardt, M. (2008). Individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung. Aufgabe und Instrument der Arbeit an Sonderschulen. In: vds, Landesverband Baden-Württemberg (Hrsg.): Pädagogische Impulse, 3/2008.
Cory, P. (2020). Mit Sehbeeinträchtigung im Alltag klarkommen. Förderung lebenspraktischer Fähigkeiten. München: Reinhardt Verlag.
Hattie, J. (2013). Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler: Schneider.
Helmke, A. (2015). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Velber: Kallmeyer.
Heyl, V.; Lang, M. (2021). Pädagogik bei Blindheit und Sehbehinderung. Stuttgart: Kohlhammer.
Heymann, H.-W. (2015). Warum sollte Unterricht „kognitiv aktivieren“? In: Pädagogik. Heft 5/2015. Weinheim: Beltz.
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Lang, M. (2016). Didaktik des Unterrichts mit blinden und hochgradig sehbehinderten Schülerinnen und Schülern. Band 1: Grundlagen. Band 2: Fachdidaktiken. Stuttgart: Kohlhammer.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2011): Bildungsplan Schule für Blinde und Schule für Sehbehinderte. Stuttgart.
Röpke, B. (2020). Einfach leichter. Modifikation und Adaption von Hilfsmitteln zur Durchführung alltagspraktischer Fertigkeiten für Menschen mit beeinträchtigtem Sehen. Würzburg: Edition Bentheim.
Lizenz
Autor: Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg, Abtl. Sonderpädagogik;
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